Abschlussbericht

RECHTLICHE ASPEKTE

Der Betrieb von autonomen Fahrzeugen im gemischten Verkehr involviert die Interaktion zwischen automatisierten Fahrzeugen und (potentiell) vulnerablen Verkehrsteilnehmern. Dies wirft eine Reihe von rechtlichen Fragestellungen auf. Schwerpunkte liegen im Haftungsrecht (I) sowie im Datenschutzrecht (II.).

I. Haftungsfragen der Mensch-Maschine-Kommunikation im Straßenverkehr

1. Schadensursachen

Beim Einsatz hochautomatisierter Fahrzeuge und ergänzender Infrastruktursensorik im Straßenverkehr stellen sich je nach Schadensursache spezifische Fragen der Haftung für fehlerhafte Daten und Datenverarbeitung. Es ist zu unterscheiden zwischen

  • Schadensfällen aufgrund einer Fehlfunktion der Infrastruktursensorik
  • Schadensfällen aufgrund einer Fehlfunktion des beteiligten Fahrzeugs
  • Schadensfällen aufgrund fehlerhafter Kommunikation
    • wegen fehlerhaft gesendeter Informationen
    • wegen fehlerhaft nicht gesendeter Informationen

Schäden können verursacht werden, wenn ein autonomes Fahrzeug seine Umgebung – etwa ein Hindernis auf der Fahrbahn oder andere Verkehrsteilnehmer – aufgrund fehlerhafter Sensorik nicht erkennt oder wenn es trotz richtiger Sensorikdaten die Umstände und das Verhalten der Verkehrsteilnehmer fehlinterpretiert und aufgrund dieser falschen Bewertung unangemessen reagiert.

Dasselbe gilt, wenn das autonome Fahrzeug unzutreffend eine Gefahrenlage annimmt, etwa wenn es infolge einer auf den fehlerhaften Daten beruhenden, nicht indizierten Vollbremsung zu einem Auffahrunfall kommt.

Eine weitere mögliche Gefahr stellt ein autonomes Fahrzeug dar, das fehlerhaft kommuniziert, sei es, dass es sich inhaltlich widersprüchlich verhält – etwa indem es ein Fahrmanöver nach außen kommuniziert, aber ein anderes durchführt – oder sonstige falsche Informationen an andere Verkehrsteilnehmer übermittelt, sei es, dass es fehlerhaft gar keine Informationen sendet oder Informationen sendet, die nicht zur Übermittlung gedacht sind.

2. Haftung

Bisher können Verkehrsunfälle meist auf menschliches Versagen zurückgeführt werden. Dies ist beim autonomen Fahren nicht möglich. Denn hier geht es um die Haftung für maschinelles Handeln bzw. die Haftung für falsche Informationen. Dabei muss nach den beteiligten Akteuren unterschieden werden:

Hersteller
Eine Haftung des Fahrzeugherstellers sowie des Herstellers der Infrastruktursensorik kann sich nach den Regeln des Produkthaftungsrechts ergeben. Software und damit auch KI-Systeme sind als „Produkte“ in diesem Sinne anzusehen. Bei Software, die sich durch machine learning stets fortentwickelt, stellt sich hier die Frage nach dem Zeitpunkt des Inverkehrbringens. Daneben kann sich die Haftung des Herstellers aus der Produzentenhaftung des BGB ergeben.

Fahrer und Halter
Für den Fahrer und den Halter eines hochautomatisierten Fahrzeugs greifen die Haftungsnormen der StVG ein.

Infrastrukturbetreiber
Für den Infrastrukturbetreiber schließlich sind Ansprüche aus Amtshaftung denkbar. In diesem Zusammenhang stellen sich Fragen nach einer Amtspflichtverletzung in schuldhafter Weise durch den Betrieb fehlerhafter Infrastruktur.

Für den Betrieb von autonomen Fahrzeugen im gemischten Verkehr ergibt sich damit eine große Bandbreite an Haftungsfragen, exemplarisch zu nennen sind hier produkthaftungsrechtliche Aspekte sowie mögliche Haftungsregime aus vertraglicher wie auch deliktischer Haftung. Auch Sicherungspflichten im Vorfeld des Betriebs (etwa die ordnungsgemäße Konstruktion und Fabrikation der Sache) und nachgelagerten Pflichten (v.a. Produktbeobachtungspflichten) gilt es zu berücksichtigen. Und schließlich ist auch an die (teilweise) Ausgestaltung von Haftungsfragen etwa durch Verträge oder AGBs zu denken.

II. Datenschutzrechtliche Fragenstellungen der Car2X-Kommunikation im Straßenverkehr

1. Fahrzeuge

Autonome Fahrzeuge können nur funktionieren, wenn sie eine große Menge an Informationen sammeln, um die Fahrzeugumgebung zu erfassen, Situationen zu erkennen und entsprechend zu handeln. Hierfür ist es notwendig, dass die Fahrzeuge über Sensoren und letztlich auch Kameras verfügen. Darüber hinaus sollen autonome Fahrzeuge auch in der Lage sein, mit ihrer Umgebung und anderen Verkehrsteilnehmern zu kommunizieren. Dafür ist es nötig, die Intentionen der übrigen Verkehrsteilnehmer zu erfassen, zu verstehen und eigene Entscheidungen bzw. Verhalten kundzutun.

2. Infrastruktur

An einigen Punkten, etwa schwer einsehbaren Stellen oder Unfallschwerpunkten, könnte es für den Betrieb autonomer Fahrzeuge nötig sein, stationäre Infrastruktur zur dauerhaften Überwachung zu installieren. Auch diese Infrastruktursensorik arbeitet mit Kameradaten, um Verkehrsteilnehmer oder Gefahrensituationen zu erkennen. Diese Informationen über die Verkehrsverhältnisse werden im Anschluss an Fahrzeuge in der Nähe übermittelt, sodass diese frühzeitig über das notwendige Wissen verfügen, um auf die jeweilige Situation zu reagieren.

3. Datenschutz

Wenn im öffentlichen Verkehrsraum automatisiert Kameraaufnahmen von lebenden Personen angefertigt und weiterverarbeitet werden, bedarf dies einer datenschutzrechtlichen Betrachtung, die sich hauptsächlich auf folgende Aspekte konzentriert:

Datenverarbeitungsvorgänge
Zunächst müssen die relevanten Datenverarbeitungsvorgänge herausgearbeitet werden. Die Anwendbarkeit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) setzt die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten voraus. Daher ist jeder Verarbeitungsvorgang im Kontext autonomen Fahrens daraufhin zu überprüfen, ob hier personenbezogene Daten verarbeitet werden.

Rechtfertigung
Sofern personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet werden, bedarf es stets einer Rechtfertigung der Verarbeitung. Demnach ist für jeden datenschutzrechtlich relevanten Vorgang zu prüfen, ob und wie dieser gerechtfertigt werden kann.

Verantwortlicher
Schließlich stellt sich die Frage, wer Verantwortlicher der Datenverarbeitung ist, denn diesen treffen die Rechtfertigungs- und weitere Organisationspflichten.

Rechtskonformität durch datenschutzfreundliche Technikgestaltung
Im Projekt wurden verschiedene Konzepte zur datenschutzkonformen Gestaltung erarbeitet. So können durch Vermeidung eines Personenbezugs datenschutzrechtlich Anforderungen vermieden werden. Dies kann vor allem durch eine Varianz der Aufnahmequalität der Kameras erreicht werden, etwa durch Verzicht auf eine hochauflösende Aufzeichnung. Verarbeitet würden dann in niedrigerer Auflösung nur die notwendigen Informationen, etwa Umrisse einer Person oder deren Armbewegungen als Kommunikationssignale, womit ein Personenbezug im Idealfall vermeidbar wäre. Auch Konzepte bezüglich der Aufnahmen von KFZ-Kennzeichen oder einzelner Fahrdaten sind zu diskutieren, wenn diese Daten auf lebende Personen zurückführbar sind. Im Übrigen ist eine datenschutzrechtliche Rechtfertigung in den relevanten Fallgruppen gegeben. Herausforderungen stellen sich jedoch hinsichtlich den Anforderungen der DSGVO an die Information der betroffenen Personen.